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Wie feiern Migratinnen Weihnachten in Deutschland?

In ihren Heimatländern wird entweder kein Weihnachten gefeiert oder ganz anders als in Deutschland. Trotzdem werden die hiesigen Weihnachtstraditionen gerne gepflegt durch Migrantinnen in Deutschland. Eine Marktforschungs-Umfrage im Jahr 2021 ergab, dass bei rund 1000 Personen mit Migrationshintergrund sechs von zehn Migranten am 24. und 25. Dezember Weihnachten feiern. Rund 15 Prozent begehen das Fest gemäß der orthodoxen Tradition am 6. Januar (Heilige Drei Könige). Ca. 60% von muslimischen Migranten feiern heute in Deutschland Weihnachten in ihrer Art und mit ihrer Kultur vereinbart.

Wir möchten mit zwei ganz persönlichen Erfahrungen darstellen, wie Migrantinnen Weihnachten feiern in Deutschland:

„Ich bin Canan, komme ursprünglich aus der Türkei und bin hier die typische 2. Generation, die mit 10 Jahren zu den Eltern, die Gastarbeiter waren, nach Deutschland kam. Als Kind lernte ich in der Grundschule durch Krippenspiele und Weihnachtslieder Weihnachten kennen. Ich fand die Stimmung während der Weihnachtstage immer so schön und beneidete meine Freunde immer um ihre Weihnachtsgeschenke und Weihnachtskalender.

Meine Eltern sahen die Weihnachtsfeiertage damals in den 80´iger Jahren nur als angenehme Ferientage, wo Freunde und Familie einfach zusammenkamen. Aber es gab weder eine Bescherung noch einen Weihnachtsbaum. Mein Bruder und ich wollten damals auch immer Weihnachten feiern und Weihnachtsgeschenke bekommen, aber unsere Mutter sagte uns immer, dass Weihnachten eine religiöse Sache bei Christen wäre und mit unserer Religion und Tradition nicht vereinbar sei. Die Türkei ist zu 97% ein muslimisches Land und es wird dort traditionell kein Weihnachten gefeiert. Wir Kinder kriegten aber immer von unserer netten deutschen Nachbarin zu Nikolaus zwei Tüten voller Schokolade und Geschenke, als Überraschung am Morgen draußen an unsere Türklinke gehängt. Meine deutschen Freunde glaubten damals an den Weihnachtsmann und Nikolaus, aber mein Bruder und ich wussten durch unsere Eltern, dass die Eltern die Geschenke immer brachten. Ich fand es damals so nett von den deutschen Eltern, ihre Kinder so etwas glauben zu lassen.

Als ich schließlich selbst Mutter geworden bin, habe ich mich entschieden, diese schöne und kinderfreundliche Tradition zu Weihnachten meine Kinder miterleben zu lassen. Auch meine Kinder haben bis etwa 10 Jahren an den Weihnachtsmann geglaubt. Ich schmücke mit meiner Familie nun auch unseren Weihnachtsbaum, wir backen backen Kekse und es gibt Nikolaus- und Weihnachtsgeschenke. Die schönen Traditionen, die ich gerade als Kind zur Weihnachtszeit in Deutschland vermisst habe, habe ich nun übernommen. Ich möchte, dass meine Kinder und meine Enkelkinder, solange sie in Deutschland leben, sich hier auch mit diesen Traditionen wohlfühlen. Das sehe ich als richtige Integration und nicht als ein Verrat der Religion oder so etwas. Wir sind eine moderne muslimische Familie, die schöne Traditionen und Gebräuche der Deutschen gerne übernimmt und pflegt, gerade zur Weihnachtszeit, ohne eine Assimilation zu erleben. Wir feiern beide, deutsche und türkische Feiertage, somit erleben und lernen unsere Familien beide Seiten kennen.“

Flüchtlingsfamilien in Deutschland erleben Weihnachten jedoch ganz anders. Diese Migranten ließen ihre Familien in ihrer Heimat zurück. Die Sehnsucht nach den lieben Menschen zuhause ist groß. Sie träumen von friedlichen Zeiten in ihrer Heimat. Frieden, Feiertage und friedliches Miteinander haben sie in ihrer Heimat früher erlebt und können kaum fassen, dass es jetzt anders ist. Bei vielen hat sich das Leben plötzlich verändert. Sowohl Christen als auch Muslime wünschen sich wieder Frieden für ihre Heimatsländer und möchten am liebsten wieder nach Hause. Besonders an Weihnachten ist diese Sehnsucht gerade bei Christen sehr groß. In der Fremde erinnern sie sich an das Fest zuhause bei ihren Bekannten und Verwandten.

Hier ist ein persönlicher Erfahrungbericht von Niloofar:

“Das erste Mal habe ich Weihnachten 1991 in Berlin erlebt. Damals lebten wir in einer Flüchtlingsunterkunft, wir flüchteten aus dem Iran. Meine Schwester 6 und ich 9 spürten, dass etwas passieren würde. Und tatsächlich fing auch die erste Weihnachtszeit in Deutschland für uns, mit dem Nikolaustag am 6. Dez.1991 an. Wir waren so aufgeregt als wir unsere Stiefel am nächsten Morgen gefüllt mit etwas Süßem, einer Mandarine und einer Botschaft vom Nikolaus vorfanden. Unsere Mama hatte sich informiert und wollte auch uns zum Nikolaustag überraschen. Allerdings waren wir verwundert darüber, dass uns der Nikolaus die Grüße auf auf Farsi hinterlassen hatte… Wieso kann der Nikolaus Farsi schreiben? Und mit dieser Frage konfrontiert, konnte meine Mama sich das Lachen nicht verkneifen. So zogen meine Schwester und ich los und erzählten unseren geflüchteten Nachbarskindern, dass es den Nikolaus nicht gäbe und sorgten damit für jede Menge Tränen bei den Kindern und Zorn und verzweifelten Gesichtern bei ihren Eltern.:) Meinen Eltern lag von Anfang an viel an Integration. Also durfte der Plastikbaum von Woolworth, der nicht Größer als 30 cm sein konnte nicht fehlen. Interessant war, dass anstelle von Kugeln, kleine Geschenkpakete am Baum hingen. Ach, waren wir aufgeregt. Was konnte da nur reinpassen? Vielleicht sind das Zaubergeschenke? Naja, so war die Enttäuschung umso größer, als wir entdeckten, dass die Minipakete leer waren. Keine Geschenke, Minibaum aus Plastik und ein falscher Nikolaus? Das war’s, Weihnachten war doof.

Meinen Eltern lag viel an Integration. Also wurde ab da der Plastikbaum jedes Jahr größer, bis er dann nach der Geburt unseres Bruders sogar tatsächlich echt wurde. Und nach und nach gab es nicht nur traditionell persisches Essen, sondern persisches Essen mit Knödeln, Rotkohl, Gans, Pute, Sauce und Tahdig-Reis. Ja es gibt für jedes Familienmitglied etwas zu Essen. Einmal gab es sogar noch spontan Pizza, weil mein Bruder, damals 6, weinend unter dem Tisch lag und sich weigerte die Weihnachtsgans zu probieren. Wir sind nicht religiös und daher ist das Weihnachtsfest für uns ein Fest der Liebe und des Zusammenkommens. Heute mehr denn je verspüre ich eine tiefe Dankbarkeit dafür, dass meine Eltern damals den Schritt gewagt haben und nach Deutschland gezogen sind. Sie haben alles hinter sich gelassen. Ein fremdes Land, eine fremde Kultur und eine andere Sprache. Dazu noch zwei Kinder im Gepäck. Rückblickend kann ich sagen, dass uns alle Wünsche, mit den Mitteln, die zur Verfügung standen, erfüllt wurden. Danke Mama und Papa! Dafür, dass es euch gibt. Ich liebe euch.

Dieses Jahr habe ich keine Wünsche für mich. Ich bin dankbar dafür, dass ich als Frau in einer Demokratie leben darf. Wo meine Stimme zählt und ich nicht fürchten muss wegen meiner Meinung oder wegen meiner Kleidung festgenommen zu werden.”

Wir wünschen Frieden und Freiheit für alle Menschen. Und an dieser Stelle möchten wir gerne den indischen Rechtsanwalt, Politiker und Pazifisten Mahatma Gandhi zitieren:

“Es gibt keinen Weg zum Frieden, Frieden ist der Weg.”


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